Der Wecker läutet. Es ist 5.45. Ein bisschen bin ich nervös. Bekomme ich heute das ersehnte Permit? Wie stelle ich das am Geschicktesten an? Es ist schon der zweite Morgen, wo ich so früh aufstehe und mich vorbereite, um evt. zum Treck zu gehen. Passportkopie, 600 Dollar, Rucksack mit Wasser, etwas Essen und Regenschutz – alles ist bereit, nur das Permit, das fehlt. Doch heute warte ich nicht auf ein Telefon von Barnabas, dass ein Permit zur Verfügung steht. Barnabas arbeitet in der Administration im Bwindi Community Hospital. Er organisiert z.B den Sponsorenlauf, der Geld in die Spitalkasse bringt. Er ist ein Einheimischer mit viel Vitamin B – hat Kontakte zum NP, er isst meist mit uns zusammen im Bwindi Community Guest House, wo wir ins Gespräch kommen, wie ich ein Permit ergattern könnte. Nein, heute werde ich aktiv und telefoniere selber und schlage mich mit meinem bisschen englisch durch. Ich wecke Barnabas um 7.15 und erkundige mich, ob er etwas Neues vom Hauptquartier und Manager vernommen hat. Er verspricht mir sofort zu telefonieren, um nachzufragen. Doch ich beschliesse selber zum Headquarter zu fahren, lass mir mein Frühstück einpacken, verabschiede mich von Werni und Michi und sitze auf ein Boda, der mich zum Parkeingang bringt. 2000 UGS zahle ich für die kurze Fahrt (alle wollen von den Touristen profitieren). Ich höre von weitem Trommeln und Gesang. Als ich mich dem Hauptquartier nähere, sehe ich eine grosse Gruppe Frauen in traditioneller rot-orange-ocker-gelb quergestreifter Kleidung am Tanzen, Klatschen und Singen und mitten drin auch Weisse, welche sich Baströcklein umgeschnürt hatten,die mittanzen. Das ist also die Einstimmung zum teuren Gorillatreck. Ich steure eine Rangerin an und erkläre ihr kurz, dass mein Tag etwas gehetzt anfängt, da ich mit der Familie unterwegs sei mit einem Auto, und kein Permit kaufen wollte in Kampala, da man dann an einen Tag gebunden gewesen wäre. Sie hört zu und meint, das gehe gar nicht, dass der Tag gestresst anfängt und leitet mich weiter an die Kasse. Dort erkläre ich zum zweiten Mal meine Situation und diese Person meint ich solle mit dem Manager sprechen, der bald kommen soll. Als dieser dann im Foyer stand machte sie mir ein Zeichen, dass dieser eben der Manager sei. Ich erkläre diesem Herrn meine Situation und er meint ich solle jetzt dem Informationsteil beiwohnen und er würde sich das überlegen. Ich geselle mich zu der ca. dreissig köpfigen Gruppe. Ich zähle 32 Person…und denke oh nein… da hat keine Gruppe einen Platz frei, denn es sind nur acht Personen pro Gorillagruppe zugelassen. Als der Infoteil vorbei war, gehe ich nochmals zum Manager und warte auf seine Antwort. Er meint es sei ok, ich könne jetzt bezahlen. Wow…dann schmuggeln sie mich in eine Gruppe, denke ich und werde ganz nervös. Ich blättere die satte Summe von 600 Dollar auf den Tisch und bezahle mein Permit und vergesse ganz den Preis zu drücken. Als ich meine Gruppe erblicke, zähle ich nur sieben Personen. Habe ich so Glück heute, dass eine Person fehlt? Habe ich zu viele Personen in der Gruppe gezählt (wurde ich von der Japanerin mit dem froschgrünen Hut abgelenkt?) Ich bereue, nicht gefeilscht zu haben, aber es ist zu spät und bezahlt ist bezahlt. Hoffentlich kommt das Geld den Gorillas, dem Park und hoffentlich auch etwas der Community zu Gute, tröste ich mich.Trotzdem freue ich mich riesig, dass ich dabei sein kann und kann es fast nicht glauben. Wir bekommen nochmals ein paar Infos und Instruktionen, wie man sich verhalten soll zum Toilettengang, Müllentsorgung im Regenwald und wieviel Abstand zu den Gorillas eingehalten werden soll. Schon sind wir unterwegs bei schönem Wetter und erreichen bald den undurchdringlichen Regenwald von Bwindi. Wir kommen an riesen Farnbäumen und Mahagonibäumen vorbei. Der Ranger erklärt uns, was Gorillas gern essen und zeigt uns die Knospen der Farnblätter, welche sehr viel Wasser enthalten. Wir bewegen uns im nördlichen Teil des Great Bwindi Impenetrable National Park und wollen eine neu habituierte Gorillafamilie erreichen. Wie wird die Begegnung sein mit den sanften Riesen? Wir erfahren, dass die Gruppe seit drei Jahren an Menschen gewöhnt wird und dass sie nun die vierte in Buhoma an Menschen gewöhnte Gruppe ist. Sie besteht aus zwei Babys, vier erwachsenen Weibchen, einem Schwarzrücken (junges Männchen) und einem dominanten Silberrücken. Die tatsächliche Zahl aber steht noch nicht fest, da in einer neu an Menschen zu gewöhnende Gruppe einige Mitglieder noch länger Zeit brauchen. Seit 08.30 Uhr sind wir unterwegs. Eine halbe Stunde laufen wir auf einem steinigen, flachen Wegesteil, wo wir noch ab und zu Einheimischen begegnen, welche Säcke auf ihrem Kopf transportierten. Sie kommen von Murole und laufen ca. 10 Kilometer durch den Wald nach Nkwenda. Aha…jetzt wird es spannend und steil, denn wir biegen rechts in den Regenwald hinein und folgen den Rangern auf einem schmalen Trampelpfad. Gefolgt werden wir von Portern in blauem Anzügen, welche den Touristen die Rucksäcke abnehmen, wenn sie das möchten. Ich möchte nicht. Es wird jetzt auch etwas matschig. Ich bewundere den Regenwald, die Stille gefällt mir gut. Wenn es nämlich steil wird, palavern nur die Porter oder ab und zu hört man Stimmen vom Funkgerät eines Rangers. Hält man aber genügend Abstand verschluckt der Regenwald alle Geräusche. Zu schön!! Das Sonnenlicht am Morgen auf die Blätter dieser wunderschönen Baumriesen, Epiphyten (Pflanzen, die auf andern Pflanzen wachsen, ohne diese zu parasitieren), auf diesen dichten Wald und manchmal den Blick auf noch mehr unendlich, scheinende Weite des Regenwaldes. Zu schön!! Wir sind eine Stunde unterwegs und der Ranger meint, die Gorillafamilie sei in einem Kampf verwickelt und das bedeutet, dass wir vielleicht etwas warten müssen, bis wir sie zu Gesicht bekommen. Eine halbe Stunde später laufen wir gerade an hohem Farngewächs vorbei, als der Ranger leise sagt, wir seinen noch zehn Minuten von den Gorillas entfernt. Uhi…jetzt aber! Wie viele sehen wir? Schauen sie mir auch in die Augen, wie ich auf vielen Fotos gesehen habe? Die ganze Truppe hält an, wir deponieren unsere Rucksäcke, trinken etwas und hören dem Ranger zu. Er meint die Gorillafamilie sei da auf diesem Baum und wartet auf ihren Chef oder bis Luft wieder rein sei. Der Silberrücken ist noch im Kampf verwickelt mit einer anderen Gruppe. Wie laufen etwas in den Wald und wow…ich sehe eine Gorillamama mit ihrem Jungen und noch andere jüngere Tiere, die langsam vom Baum runtersteigen. Ohne Hast, ohne Lärm mit sicheren Griffen klettern sie langsam hinunter. Ich traue fast nicht zu atmen. Wow…das haben meine Augen noch gar nie gesehen. Diese Tiere sind ja richtig gross. Sie versammeln sich an einem Platz und beginnen mit der Fellpflege und ich staune nur… wir sind so nah und endlich traue ich mich Fotos zu machen. Ein Weibchen schaut mir direkt in die Augen und ich zögere. Ist das wundervoll und ich möchte den Moment nicht mit fotografieren zerstören. Sie sieht ernst aus, hat schöne hellbraune Augen und kein bisschen Angst. Das Baby hangelt an Ästen herum, nimmt Stöcklein in den Mund, setzt sich auf den Rücken der Grossen, spielt mit den Lianen oder kuschelt sich an die Mutter. Ich staune, setze mich auf den Boden und beobachte jede Bewegung der sanften, ruhigen Tiere. Einmal macht ein Ranger einen ähnlichen Ton, wie die Gorillas es machen und dann kommt etwas Aufregung in die Familie. Der Schwarzrücken stellt sich vor die Familie und schaut ziemlich ernst drein. Er hat die Beschützerrolle eingenommen, solange der Silberrücken nicht da ist und wär bereit seine Mitglieder zu verteidigen. Das sieht man seiner Haltung sofort an. Aber als er keine Bedrohung ausmachen kann, setzt er sich wieder hin und entspannt sich. Es ist wundervoll so nahe bei den Tieren zu sein und ein unvergessliches Erlebnis, das mich lange begleiten wird. Wir durften anderthalb Stunden bei ihnen sein. Dann machen wir uns auf den Rückweg, wo wir an einer geeigneten Stelle Halt machten, um unseren Lunch zu uns zu nehmen. Mir gehen die wundervollen Bilder durch den Kopf. Zurück am Headquarter, bekommen wir noch alle ein Zertifikat, dass wir am Treck teilgenommen haben. Zufrieden und glücklich, gehe ich nach Hause.